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Gut gestimmt | Der Tagesspiegel

Nuscheln, Piepsen und hastiges Haspeln können Karrierekiller sein. All das kann man sich abtrainieren

Dieser Artikel erschien im Tagesspiegel Text: Judith Hyams | Foto: Jens Kalaene/dpa

Lesedauer 4 Minuten

Die Kollegin mit der Mäusleinstimme, der unverständlich nuschelnde Vorstandsvorsitzende oder der Lehrer, über dessen Sopran sich die Schüler lustig machen: Schwierigkeiten mit der Stimme und dem verständlichen Sprechen können im Beruf massive Probleme bereiten. Das erstaunt nicht, wenn man sozialpsychologischen Studien Glauben schenken darf, die die Wirkung von Menschen auf ihre Umwelt untersucht haben. Demnach bestimmt die Stimme zu 38 Prozent den Gesamteindruck, 55 Prozent hängen von Aussehen und Verhalten ab, während der Inhalt nur dünne sieben Prozent Aufmerksamkeit abbekommt.

So hat auch die stärkste Idee kaum eine Chance, wenn sie hastig, stolpernd, verschluckt oder leise mitgeteilt wird. Wenn umgekehrt mit warmer und gut verständlicher Stimme gesprochen wird, und Gestik und Mimik den angenehmen Gesamteindruck unterstreichen, kann der Inhalt noch so banal sein – er wird erhört werden. Das wussten schon die alten Griechen, für die das Üben von Atemtechniken, Lautstärke und Artikulation so selbstverständlich zur Rhetorik dazugehörte, dass sie sich Kieselsteine auf die Zunge legten – in Ermangelung der heute üblichen Weinkorken.

Die Stimm- und Sprechtrainerin Petra Ziegler hat in ihrer 25jährigen Laufbahn alle nur denkbaren sprachlichen Besonderheiten kennengelernt. Meist sind es die gleichen Probleme, die ihre Klienten, hauptsächlich Führungskräfte, zu ihr führen: „Viele Menschen gehen am Satzende nach oben – und implizieren damit Fragen oder Unsicherheiten, wo gar keine sind. Das liegt daran, dass sie sich beim Sprechen schon den nächsten Satz überlegen, und imaginäre Kommata aneinanderreihen. So kann der Zuhörer gar nicht mit einem Gedanken abschließen, und er fragt sich, wann denn endlich mal das Ende kommt.“ Auch Angela Merkel habe früher so gesprochen. Dann habe sie ein Sprechtraining absolviert, weshalb ihr die Satzenden heute nur noch in Ausnahmesituationen nach oben rutschen – das hat die Trainerin beobachtet. Problematisch im beruflichen Alltag ist auch die zu hohe Stimme. Wer mit fisteliger, schriller oder sich überschlagender Stimme spricht, dem traut man meist weniger zu. „Die meisten Leute, egal welcher Nation, empfinden die etwas tiefere, kräftige Stimme als kompetenter“, sagt Petra Ziegler.

Deshalb sollte man erst einmal lernen, in der mittleren Stimmlage, der Indifferenzlage, zu sprechen. Dabei gehe es keinesfalls darum, künstlich tiefer zu sprechen, sondern sich auf die natürliche mittlere Stimmlage einzupendeln. Das klappt zum Beispiel, indem man entspannt und genüsslich summt und sich dabei vorstellt, etwas Leckeres zu essen.

Die richtige Saite. Der Körper ist wie ein Instrument, das einen Klang erzeugt. Als angenehm werden tiefere Stimmlagen empfunden. Foto: Jens Kalaene/dpa

Das A und O für eine angenehme Stimme liegt in der Bauchatmung, sagt Petra Ziegler: „Babys können nur deshalb so lange schreien ohne heiser zu werden, weil sie über die natürliche Bauchatmung verfügen. Später verlieren viele Leute diese Atmung, und müssen sie für eine volle Stimme wieder erlernen“. Was für Sänger, Blasinstrumente-Musiker oder Moderatoren eine Selbstverständlichkeit ist, müssen sich Normalsterbliche also wieder erarbeiten. Dabei werden bei den Übungen Stimm- und Atemmuskeln gekräftigt, doch liegt das Geheimnis vor allem in der Sensibilisierung für eine tiefe, ruhige Atmung.

Die wiederum kann auch ein weiteres Problemverhindern: das zu schnelle Sprechen ohne Punkt und Komma, das sich besonders in Sitzungen mit mehreren Teilnehmern einschleicht. „Man braucht 0, 2 Sekunden, um das Gehörte inhaltlich zu verstehen, deshalb sollte man eine mittlere Sprechgeschwindigkeit wählen, auf den Punkt sprechen und auch den Mut haben, Pausen zu setzen“, sagt Petra Ziegler. Und sie betont, dass man trotz Pausen viel weniger unterbrochen wird, als wenn man mit dünner, hektischer Stimme unaufhörlich Inhalte hinunterrattert. Auch bei Menschen, die sehr leise reden oder zu Füllwörtern, sprachlichen Weichmachern oder ständigen „Ähms“ neigen, lässt sich durch ein Sprechtraining sehr viel erreichen, und für die Artikulation gibt es eine Fülle einfacher Übungen wie Grimassen schneiden oder Vokale und Konsonanten summen.

Für Katharina Padleschat, die ursprünglich aus dem Theaterbereich kommt, und seit vielen Jahren Stimm und Sprechtrainings gibt, gehört auch die Körpersprache elementar dazu. „Der Körper ist wie ein Instrument, das einen Klang erzeugt. Zum Beispiel klingt eine Billigitarre für 10 Euro ganz anders als eine Flamencogitarre, die Qualität des Klangkörpers ist entscheidend. Meine Körperhaltung und die Muskelspannung beeinflussen sehr stark meine Atmung - und damit auch meine Stimme.“

Während manche Leute eher zu einer schlaffen Haltung neigten, sei das Thema bei Führungskräften häufig die körperliche Überspannung. Verkrampftheit, vor dem Bauch verknautschte Hände, stockender Atem und eine grundsätzliche Hab-Acht-Haltung – so einen lebendigen, gewinnenden Vortrag hinzubekommen sei da eher schwierig.

Mittels Kamerafeedback beurteilt sie mit ihren Klienten, wie aus Sprechtempo, Stimmklang, Gestik, Blickwinkel, Körperhaltung und sogar der Stellung der Füße eine stimmige Performance wird – und wie positiv sich selbst die Änderungen kleiner Details auswirken können. Neben der reinen Technik gehe es bei den Übungen immer auch um die Eigenwahrnehmung und darum, sich selbst zu steuern. „Ein Schauspieler schlüpft ja auch mit Leib und Seele in eine Rolle. Und wenn man in der Telefonkonferenz, beim Bewerbungsgespräch oder im Seminar keine Angst vor der Präsentation hat, sondern überzeugt von sich selber und den Inhalten ist, dann schlägt sich das deutlich in der Stimme nieder“.

Normalerweise reichen schon wenige Sitzungen, um eine bessere Sprechweise zu erlernen und buchstäblich in eine bessere Stimmung zu kommen. Und was empfiehlt Voice-Coach Katharina Padleschat generell für jede Sprechsituation? „Es ist einfach, aber effektiv: bloß nicht die Luft anhalten, ambesten erstmal ausatmen und Druck ablassen.“


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